Hauptsächlich liegt das an der fehlenden Vereinheitlichung von Standards, die den Endverbraucher skeptisch zurück lässt. Welche Chancen und Herausforderungen auf die Unternehmen im Rennen um den Hub im Smart Home warten, untersuchte die Münchner Managementberatung iq! in einer umfangreichen Marktanalyse zum Thema „Businesspotentiale im Internet of Things“.
Auf die Plätze fertig los!
Auf dem Smart-Home-Markt tummeln sich bereits eine Vielzahl von Anbietern. Neben den Internetgiganten Apple, Amazon und Google sind auch Telekommunikationsunternehmen (z.B. Telekom mit Qivicon), Start-Ups (z.B. SmartThings), Energiezulieferer (z.B. RWE) sowie Elektronikhersteller (z.B. LG oder Philips) und Retailer (z.B. Staples) mit eigenen Angeboten vertreten. Eines eint dabei fast alle Offerten: Sie sind meist immer noch so genannte Insellösungen, die über keine offenen Schnittstellen verfügen und nicht mit den Komponenten anderer Anbieter kompatibel sind. Einfach gesagt: Die Geräte können nicht mit einander kommunizieren. Zwar haben beispielsweise Google und Apple die Schnittstellen bzw. Kompatibilitätsanforderungen für ihre Hubs veröffentlicht, der Verbraucher ist jedoch darauf angewiesen, dass die von ihm avisierten Produkte diese Interoperabilität auch bereits anbieten. Kein Wunder, dass die Marktprognosen für Deutschland dementsprechend noch recht konservativ sind. 2013 gab es 315.000 vernetzte Haushalte, laut dem Digitalverband BITKOM wird die Zahl auf etwa eine Million bis im Jahr 2020 ansteigen. Dies entspricht gerade einmal einer Reichweite von 2,5 Prozent aller deutschen Haushalte.
Der Kunde bleibt König
Was also tun, um eine signifikante Beschleunigung der Nutzungsraten zu erreichen? An erster Stelle stehen einheitliche Standards und eine klare Fokussierung auf das Endkundenerlebnis. Einige wenige zentrale Hubs müssten sich für die Steuerung aller IoT-Produkte im Haushalt durchsetzen vorausgesetzt natürlich, dass die Geräte untereinander kompatibel, variabel kombinierbar und einfach zu handeln sind. Die nutzerorientierte Implementierung von IoT-Produkten schafft den tatsächlichen Mehrwert, der sich durch einfache Plug&Play Lösungen wie auch durch die Akquisition eines großen und exklusiven Partnerpools realisieren lässt. Im Umkehrschluss bedeutet dies allerdings: Wer seine Produkte nicht digitalisiert und sich an keinem der IoT-Netzwerke beteiligt, läuft Gefahr, den Anschluss an die Kundenanforderungen zu verlieren. Denn sobald ein Nutzer beginnt, sein Zuhause zu digitalisieren, wird bei einem Neukauf von Geräten die Kompatibilität mit dem gewählten IoT-Provider das entscheidende Kaufkriterium sein.
Der iq! Smart Home Check
Wer sind Stand heute die Vorreiter im Bereich Smart Home? iq! hat sich dieser Frage intensiv in der Studie „Businesspotenziale im Internet of Things“ gewidmet und das bereits existierende IoT Angebot von 100 Großunternehmen und IoT-Startups innerhalb der stärksten Konsumbereiche (Smart Home, Haushaltsgeräte und Sportartikel / Wearables) untersucht und bewertet. Dafür wurden zunächst die richtigen Marktsegmente und danach die relevanten Unternehmen pro Marktsegment ausgewählt. Um die IoT-Wettbewerber pro Marktsegment eindeutig zu identifizieren, wurden einerseits die größten Unternehmen und andererseits die innovativsten Newcomer untersucht und den Use Cases zugeordnet. Anschließend wurde im eigentlichen Scoring Modell sowohl der „IoT Infrastructure Score“ als auch der „IoT Offering Score“ erhoben. Die Einordnung der analysierten Unternehmen auf einer Marktmatrix visualisiert die aktuellen Wettbewerbspositionen mit den individuellen Stärken und Schwächen.
Analyseergebnisse
- Smart Home Hubs wie zum Beispiel Telekom, Nest und Sony schneiden am besten bezüglich Nutzerzentrierung, Größe des Ökosystems, Offenheit und Skalierungspotenzial ab
- Heizungsanlagenbauer mit erheblichem Nachholbedarf bei digitaler Infrastruktur und IoT-Produktangebot
- Deutsche Energieversorger mit deutlichem Vorsprung vor europäischem Wettbewerb
- Osram und Philips sind Vorreiter im Bereich Smart Lightening
Exkurs: Google goes Energy
Anfang 2014 kaufte Google den Thermostat- und Rauchmelderhersteller Nest für 3,2 Milliarden Dollar. Damit tätigte der Internetriese nicht nur den zweitgrößten Einkauf seiner Unternehmensgeschichte, sondern schaffte gleichzeitig auch den Sprung in den Billionen schweren Energiesektor. Die Wertschöpfung liegt dabei in der Vernetzung der Daten rund um den kompletten Prozess der Temperatursteuerung in Privathäusern – angefangen vom Brennstoffkauf über die Temperatureinstellung bis zum Betrieb des Heizungssystems. So wird Google Nest zur Schnittstelle zwischen Verbraucher und Energieanbietern und schafft ein eigenes Energie-Ökosystem. Bereits heute ist die Plattform in der Lage, mit Waschmaschinen zu kommunizieren, damit die Wasch- und Trockenvorgänge der Netzauslastung entsprechend energiesparend durchgeführt werden können. Die Vernetzung geht aber noch viel weiter: Auf der diesjährigen Elektronikmesse CES in Las Vegas hat Nest eine Kooperation mit dem Automobilhersteller Mercedes vorgestellt. Zukünftig wird der Bordcomputer der Fahrzeuge von unterwegs einen Befehl an die heimische Heizung senden und somit für wohlige Wärme bei Ankunft der Hausbewohner sorgen. Auch die Verbindung mit Sicherheitssystemen ist seit kurzem möglich: Mit der in den USA neuerdings erhältlichen „Nest Cam“ lässt sich das eigene Zuhause via Smartphone von überall auf der Welt kontrollieren. Zusätzlich zur Live-Überwachung gibt es innerhalb eines abgestuften Abo-Modells auch die Möglichkeit der Video-Archivierung. „Big Google is watching you“ lässt sich angesichts dieser Szenarien leicht assoziieren. Umso wichtiger wird es daher sein, wie Google & Co. mit der großen Herausforderung des Kundenvertrauens künftig umgehen werden. Denn bisher kann keiner prognostizieren, wie sich die Konsumenten, die bereits bei der Einführung von Kundenkarten Angst vor dem „gläsernen Kunden“ hatten, angesichts dieser riesigen Datenmengen an sensiblen Informationen verhalten.
Autoren: Rainer Wiedmann und Dr. Nikola Bachfischer, iq! Managementberatung (www.i-q-i.net/de/)
Kontakt: Katharina Müller, Content Marketing Managerin EUROFORUM | XING