Widmen wir uns - bezogen auf die Überschrift - dem nationalen Element zuerst: Der deutsche D&O Markt zeigt sich im Vorfeld der anstehenden Erneuerung unverändert zu den Vorjahren. Nach wie vor gibt es zu viele Jäger und zu wenig Beute. Nachdem sich weitere Anbieter in Deutschland etabliert haben, steht einer nahezu unveränderten Anzahl von potenziellen Versicherungsnehmern ein breiteres Anbieterfeld zur Verfügung. Nicht zu vergessen die Phalanx der Vermittler, die egal ob Makler oder Agenten gleichfalls um die Gunst aller Beteiligten buhlen.
Bestes Beispiel hierfür ist die alljährliche Schwerpunktveranstaltung des DVS, bei der sich zwischenzeitlich ca. drei Viertel der 720 Teilnehmer aus dem Kreise der Versicherer oder der Vermittler rekrutieren, während der Anteil der potenziellen Versicherungsnehmer sich auf das verbleibende Viertel reduziert.
Neben diesem Blick auf das Marktumfeld lohnt es sich hier die aktuellen Entwicklungen auf der Bedingungsseite kurz zu beleuchten. Nachdem die deckungserweiternden Gimmicks von psychologischer Betreuung und der Gehaltsfortzahlung bis zur Dienstwagenausfallkomponente keine Katze mehr hinter dem Ofen hervorlocken, weil es sie an jeder Straßenecke gibt, öffnen sich die Versicherer im hartumkämpften Segment des Mittelstandes der standardisierten Mehrfachmaximierung. So wird Limitmanagement zum Limitenmanagement... hier bleibt abzuwarten, ob diese Entwicklung in Diskussionen um die Eigenkapitalausstattung der Anbieter enden wird.
Ein Blick noch auf die gesellschaftliche Diskussion um die Managerhaftung: Nach dem Boulevard, der sich je nach Ausrichtung des jeweiligen Blattes um Geschichten wie Kirch, Middelhoff oder „der grünen Hölle vom Nürburgring“ reißt, hat sich auch der 70. Deutsche Juristentag dem Thema angenommen. Wer hier allerdings spektakuläre Ergebnisse erwartet hatte wurde enttäuscht. Managerhaftung in Deutschland ist Evolution nicht Revolution - und das ist auch gut so.
Betrachten wir weiter die aktuellen Fragen, die sich aus der internationalen Ausrichtung der D&O Versicherung ergeben. Die steigenden internen Anforderungen der Versicherungsnehmer an das Thema Compliance und das wachsende Bewusstsein für die Internationalität des eigenen Geschäftsmodells führen zu einer steigenden Nachfrage nach internationalen Versicherungsprogrammen. Ein Thema, das es prominent auch auf das Podium des bereits erwähnten DVS Symposiums geschafft hat. Damit wird aber die Fähigkeit der Versicherer, derartige Lösungen zur Verfügung zu stellen, zum echten Differenzierungskriterium im Wettbewerb.
Die Kehrseite dieser wachsenden Internationalität zeigt sich in den unter Umständen unvorhersehbaren Ergebnissen aus den in diesen internationalen Versicherungsprogrammen gewährten DIC bzw. reversed DIC Deckungen. Was passiert denn im Falle der Anwendung versicherungsvertraglicher Vorschriften aus fremden Rechtsordnungen oder der Gewährung von gesetzlich vorgeschriebenen Abwehrkostenzusatzlimiten die, wie z.B. in Italien bis zu 25% der Versicherungssumme betragen können.
Internationalität ergibt sich aber nicht alleine aus den D&O Versicherungslösungen. Auch das Anbieterfeld auf Erstversicherungsseite sieht sich einer stetig steigenden Anzahl ausländischer Versicherer, die in Deutschland ihr Glück versuchen, gegenüber...
Womit sich eine Brücke zur Frage der Irrationalität schlagen läßt. Alle bereits beschriebenen Entwicklungen und noch viele weitere mehr erlauben die Frage nach dem „warum“. Warum drängen immer mehr Anbieter in den deutschen Markt? Ist es die Mär von den nach wie vor im europäischen Vergleich attraktiven Durchschnittsprämien? Ist es die pure Verzweiflung der internationalen Kapitalmärkte undderen Investoren, Verzinsungen einzufahren, die über dem Renditeniveau von Staatsanleihen liegen? Ist es dem Umstand geschuldet, dass Schäden nach wie vor regelmäßig unter Ausschluss der Öffentlichkeit oftmals im Vergleichswege erledigt werden? Oder ist es die pure Lust am gnadenlosen Wettbewerb, einem nicht endenden „war for talents“, in dessen Verlauf Underwriter binnen Jahresfrist vom Juniorsachbearbeiter zum Financial Lines Manager werden können?
Es bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfange sich die Titelzeile national, international, irrational am Ende der anstehenden Erneuerungsphase im D&O Geschäft in hinreichend vielen Beispielen widerspiegeln wird. Langweilig wird es in dieser Sparte jedenfalls auch zum Jahreswechsel 2014 auf 2015 nicht werden.
Auto: Daniel Messmer, Head Fac Casualty Munich, Director, Swiss Re Europe S.A.; Niederlassung München
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