Credit Investments unter Solvency II – Welche Strategien bringen Vorteile?

09.07.2015Finance, RechtSolvency II, Anlageverordnung , KatalogFinanzwissen

Solvency II

Der 1. Januar 2016 rückt näher und damit das Inkrafttreten des neuen europäischen regulatorischen Rahmenwerks für Versicherungsgesellschaften: Solvency II. Getrieben durch die anhaltend niedrigen Renditen bei Staatsanleihen der Kern-Eurozone und eine weitere Diversifikation und Internationalisierung der Kapitalanlagen haben deutsche Versicherungen in den vergangenen Jahren die Investitionen in Spread-Anlageklassen massiv ausgeweitet – angefangen von europäischen Unternehmensanleihen bis hin zu Engagements im hochverzinslichen Sektor, den sogenannten High Yield Bonds.

Credit Investments unter Solvency II – Welche Strategien bringen Vorteile?

Auch sind bei Unternehmensanleihen Regionen wie zum Beispiel die Schwellenländer zunehmend in den Fokus gerückt. Der US-amerikanische Raum spielt aufgrund einer gegenüber dem Euroraum vorteilhaften Zinsstrukturkurve ebenfalls eine immer wichtigere Rolle, in der Regel jedoch in Verbindung mit einem (oft günstig) abgesicherten Währungsrisiko. Anders als in früheren Jahren sind Versicherungen somit unternehmensspezifische Risiken über eine Vielzahl unterschiedlicher Fremdkapitalinvestments anstatt über Eigenkapitalengagements wie z.B. Aktien, eingegangen.

Doch wie werden diese Anlagen nun in der neuen Welt von Solvency II behandelt?

Die Regelungen hierzu finden sich im Spread-Submodul, einem Submodul des Marktrisikomoduls. Grundsätzlich ermittelt sich der Stressfaktor als das Produkt eines ratingabhängigen Faktors (Credit Quality Step) und der Duration des Instruments in Jahren. Dieser Stressfaktor wird dann mit dem Marktwert des zu betrachtenden Instruments multipliziert, um die Kapitalerfordernis zu erhalten. Dabei ist zu beachten, dass dies gemäß der technischen Spezifikationen keine lineare Funktion über das gesamte Laufzeitenspektrum ist: Der Stressfaktor nimmt bei längeren Laufzeiten weniger stark zu als in den ersten Jahren. Grundsätzlich ist das Spread-Submodul auf eine Vielzahl von festverzinslichen Instrumenten anzuwenden, zum Beispiel fallen Unternehmensanleihen (inkl. Nachrängen), viele Arten von Darlehen, aber auch Pfandbriefe unter diese Regelungen, wobei letztere im Falle einer sehr hohen Kreditqualität leicht bevorzugt werden. EU-Staatsanleihen, lokale Gebietskörperschaften und bestimmte staatsnahe Emittenten sind hingegen im Hinblick auf Spread-Risiken nicht mit Solvenzkapital zu hinterlegen.

Gestaltung eines Portfolios

Ist die grundsätzliche Abhängigkeit des Solvenzkapitalbedarfs von der Kreditqualität und Duration eines Instruments gegeben, lassen sich Überlegungen im Hinblick auf die konkrete Gestaltung eines Portfolios anstellen. Unterstellt man, dass ein vorgegebenes Solvenzkapital-Bugdet unter Maximierung der erwarteten Rendite angelegt werden soll, so stellt sich bezüglich der konkreten Ausgestaltung des Portfolios primär die Frage, welche Ratingqualitäten mit welchem Betrag in welcher Laufzeit investiert werden sollen. Als weitere Gestaltungsmöglichkeiten sind ergänzend die Beimischung von Papieren ohne Spread-SCR-Bedarf, z.B. von EU-Staaten garantierte Emittenten, der eventuell vorteilhafte Erwerb von Papieren ohne Rating  oder der Einsatz von Kreditderivaten zu nennen.
Eine vorteilhafte Strategie kann dann zum Beispiel darin bestehen, dass man eine sogenannte Barbell-Strategie investiert: Im kurzen Laufzeitbereich erwirbt man chancenreiche Anleihen des High Yield-Sektors, während man im langen Laufzeitbereich möglichst hoch geratete oder sogar nicht mit Solvenzkapital zu hinterlegende Anleihen investiert.

Autor: Steffen M. Hahn, CFA, Abteilungsdirektor Institutionelle Großkunden bei Union Investment

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