Apple, Hersteller des iPhones, bietet dafür „Carplay“ an. Auch Google hat längst eine autotaugliche Version seines Handybetriebssystems Android entwickelt und bereitet die Markteinführung vor. Hinzu kommen Eigenentwicklungen von Automobilkonzernen wie BMWs „Connected Drive“. Die Dynamik in dem Segment ist groß. Schon heute, so die McKinsey-Studie „Connected Cars“, kommt für 13 Prozent der Käufer ein Neufahrzeug ohne Internetzugang nicht mehr in Betracht. Detlev Mohr, Leiter der europäischen Automobilberatung von McKinsey, erklärt:
„Car Connectivity hat das Potential, die Automobilbranche entlang aller Ertragsquellen stark zu verändern. Das Thema wird für die Autohersteller zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Beim Autokauf spielen Angebote wie Echtzeit-Wartungsinformationen, ortsbasierte Empfehlungen, dynamische Stauprognosen oder Musikstreaming eine zunehmend wichtige Rolle.“
Höhere Wechselbereitschaft der Kunden
Jeder fünfte Kunde würde die Automarke wechseln, wenn er dadurch an bessere Connectivity-Angebote gelänge. Unter den Vielfahrern, die mehr als 20 Stunden pro Woche im Auto verbringen, beträgt der Anteil der Wechselwilligen sogar 40 Prozent. In China, dem weltweit größten Automarkt, sei die Wechselbereitschaft generell höher als in Europa. „Die potentielle Verschiebung von Marktanteilen zwischen den Autoherstellern ist damit eine der zentralen Auswirkungen von Connected Cars“, sagt Mohr.
Die Perspektiven mit Car Connectivity gehen weit über das Fahrerlebnis hinaus. Wartung und Versicherung sind weitere Anwendungsfelder. So könnten Hersteller Daten zum Zustand der Fahrzeuge nutzen, um ihren Anteil am Wartungs- und Reparaturmarkt zu erhöhen, indem sie die Kundenbindung stärken. 23 Prozent der weltweit befragten Autokäufer – in Deutschland erst sieben Prozent – würden der Wartungs- oder Reparaturempfehlung einer App folgen und eine Vertragswerkstatt aufsuchen. 35 Prozent der befragten Fahrer wären außerdem bereit, Daten für Versicherungen freizugeben, um einen Rabatt auf ihre Versicherungsprämie zu erhalten.
Wer übernimmt die Führung?
Mit dem Thema Car Connectivity drängen Player aus dem Software- und Telekomsektor in den Markt und damit in die Domänen der Automobilhersteller. McKinsey sieht drei Themen, bei denen die Autokonzerne die Oberhoheit behalten sollten:
▪ Die Mensch-Maschine-Schnittstelle: Die integrierte Bedienung der Dienste und Apps im Auto ist ein Alleinstellungsmerkmal der Automobilhersteller. Neue Technologien wie Projektionen auf Windschutzscheiben, die diese Vernetzung intuitiv, komfortabel und sicher gestalten, bieten Herstellern die Möglichkeit, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu behaupten.
▪ Echtzeit-Fahrzeugdaten: Anonymisierte Daten zum Zustand und zur Nutzung des Fahrzeugs sind Grundlage für Versicherungs- und Wartungsleistungen, aber auch für viele andere Dienste. Da sich viele Kunden um die Datensicherheit sorgen, können die Hersteller hier mit eigenen Angeboten punkten.
▪ Geoinformationen in Echtzeit: Aktuelle Daten zur Verkehrslage, Warnung vor Glatteis und ortspezifische Dienste können nur über Echtzeit-Geo-Informationen angeboten werden. Gemeinsam mit Sensordaten im Fahrzeug bilden diese die Voraussetzung für autonomes Fahren.
Mit der Warnung an die Automobilhersteller steht McKinsey nicht allein da. Bereits zur ersten Vorstellung von Apple Carplay im vergangenen Jahr erklärte Thilo Koslowski, Analyst des Marktforschungsunternehmens Gartner, gegenüber dem US-Magazin Autonews:
„Das wird ein interessanter Balanceakt in der Automobilindustrie. Einerseits müssen die Hersteller attraktiv für Anbieter wie Apple sein, andererseits das umfassende Kundenerlebnis in der Hand behalten. Wenn sie das an jemanden wie Apple abgeben, wird für die Automobilindustrie nicht viel übrig bleiben, um im Segment Connectivity erfolgreich zu sein.“
Neue Automodelle in diesem und nächstem Jahr werden zeigen, was Apple, Google und Co. im vernetzten Auto zu bieten haben.
Autor: Christoph Berdi, Journalist, Moderator und Berater im Themenfeld Marketing, Marken und Medien, http://christoph-berdi.de
Kontakt: Sabine Fischer, Senior-Marketing-Managerin EUROFORUM | XING