Sicherlich ist das bei Kryptowährungen noch sehr weit gegriffen, aber die Zukunft des Bargeldes steht tatsächlich auf der Kippe. Wie der Alltag ohne Scheine und Münzen im Portmonee aussehen kann, kann man schon heute in Schweden sehen. Dort wird nicht nur im Supermarkt mit der Karte bezahlt, sondern auch die Obdachlosenzeitung auf der Straße wird mit Hilfe eines Smartphones an die Leserin beziehungsweise an den Leser gebracht. Sicherlich, ausschlaggebend für diese Entwicklung ist die Tatsache, dass die Krone in Form von Scheinen und Münzen zwar das offizielle Zahlungsmittel in Schweden ist, aber es keinen Zwang zur Annahme gibt. Viele Geschäfte sind deshalb vollständig auf die bargeldlosen Zahlungsmittel umgestiegen und nehmen kein Cash mehr an. Das Ergebnis ist, dass schon heute mehr als die Hälfte der Bankfilialen in der Hauptstadt Stockholm kein Bargeld vorrätig haben. Schweden könnte so eines der ersten Länder ohne Bargeld werden.
Wie eine bargeldlose Gesellschaft aussieht
In Schweden spielt zudem auch die digitale Kultur eine entscheidende Rolle: In vergleichsweise kurzer Zeit, haben sich hier einige Fintechs gegründet, die sich mit Payment-Anwendungen wie Swish, Klarna und iZettel erfolgreich auf dem Markt positionieren konnten. Gerade im Vergleich zu Schweden scheint Deutschland den Anschluss zu verlieren. Aber auch gegenüber anderen Ländern hinkt die deutsche Finanzbranche hinterher, wie man an einem anderen Beispiel, den USA, sehen kann. Dort gibt es schon länger kontaktlose Zahlungsmittel und mit Apple Pay sowie Google Pay zwei große Zahlungsdienste für Smartphones. Doch nicht nur die Banken und Finanzdienstleister nutzen den digitalen Wandel, auch einzelne Geschäfte bieten einen Mehrwert bei bargeldloser Zahlung. Bei Starbucks beispielsweise können die Kunden bereits 500 Meter vor dem Geschäft per App ihre Bestellung abgeben und diese auch gleich bezahlen. Anschließend muss das Getränk nur noch im Laden abgeholt werden.
Bargeld spielt eine wichtige Rolle
Aber nicht alle freuen sich über diese Entwicklung. In Schweden regt sich Kritik sowohl auf Seiten der Konsumenten als auch bei der Politik und der Wirtschaft. Die mögliche Abschaffung des Bargelds bringt auch Probleme mit sich und sorgt gerade bei älteren Menschen für Ängste. Diese sind oft nicht mit den digitalen Zahlungsmitteln vertraut und scheuen auch den Umgang mit der neuen Technik, aus Sorge etwas falsch zu machen. Und im Fall einer Wirtschaftskrise wäre es ohne Bargeld ebenfalls schwierig, dass eigene Guthaben in Sicherheit zu bringen. Daher wird bei der schwedischen Zentralbank, über die Einführung einer e-Krone mit einem entsprechenden Konto nachgedacht, um den Kunden auch weiterhin die Chance zur Aufbewahrung ihres Geldes zu geben. Diese Überlegungen bremsen den Innovationswillen der Schweden aber nicht aus. Einer Umfrage zufolge zahlen über die Hälfte der Schweden regelmäßig mit Karte oder App, knapp 40 % geben an, im vergangenen Monat nicht einmal bar bezahlt zu haben.
Die Liebe der Deutschen zum Bargeld
Die schwedischen Zahlen sind für die deutsche Bevölkerung kaum vorstellbar. In Deutschland werden immer noch über drei Viertel der Bezahlvorgänge bar erledigt und mit rund 107 € Bargeld im Portmonee sind die Deutschen Spitzenreiter in Europa. Doch trotz dieser Liebe zum Bargeld kommen die modernen Zahlungsformen langsam aber sicher an. Dass es in Deutschland ein Interesse an neuen Zahlungsweisen gibt, zeigt die zunehmende Nutzung von Kredit- und Debitkarten. Alleine 2017 ist der Anteil an Kartenzahlungen um rund 2,5% gestiegen. Das liegt vor allem an den Vorzügen der Digitalisierung, wodurch die Bezahlung mit Debit- oder Kreditkarten deutlich einfacher und schneller geworden ist. Für den Händler wird es zudem immer günstiger, elektronische Zahlungsweisen anzubieten und das Geld ist genauso schnell auf seinem Konto.
Aber die Art der Bezahlung ist auch eine Generationenfrage. Das kann man den Zahlen der Statista Global Consumer Survey entnehmen, die auch detailliert Aufschluss über die verwendeten Zahlungsmittel im stationären Handel gibt. So geben in allen betrachteten Altersklassen rund 85% an, in den vergangenen 12 Monaten Bargeld genutzt zu haben. Unterschiede gibt es aber sowohl bei der Debitkarte als auch beim Mobile Payment. Während die 18- bis 24-jährigen zu rund 60% mit Debitkarten zahlen, sind es in der Altersklasse der 45- bis 64-jährigen unter 50%. Beim Mobile Payment sind es mehr als doppelt so viele junge Menschen (6% zu 2,4%), die mit einem mobilen Endgerät stationär bezahlt haben. Schaut man sich im Vergleich die Zahlen aus Schweden an, kann man auch hier den Rückstand der Deutschen erkennen. Bei den 18- bis 24-jährigen geben nur noch 50% an, in den letzten 12 Monaten bar bezahlt zu haben, dafür liegt hier die Debitkarte mit 74% ganz vorne in den Zahlungsmitteln. Auch beim Mobile Payment ist der Unterschied zu Deutschland dramatisch, schließlich wird diese Zahlungsweise bei den jungen Schwenden schon von 26% der Befragten genutzt.
Was erwartet uns in Deutschland?
Kreditkarten-Anbieter sind seit einiger Zeit damit beschäftigt, kontaktloses Bezahlen einzuführen und auch die klassische Girokarte wird mit neuen Funktionen auf Vordermann gebracht. Aber das ist nur der erste Schritt hin zur digitalen Zahlungsgesellschaft, denn die Digitalisierung bietet viele weitere Möglichkeiten, die erst jetzt den Weg auf den deutschen Markt finden. Seit Ende Juni ist der Bezahldienst Google Pay in Deutschland verfügbar und Apple hat angekündigt Ende des Jahres mit Apple Pay nachziehen zu wollen. Und auch Kreditkarten-Lesegeräte zu erschwinglichen Preisen finden sich langsam in den Elektronikmärkten ein.
Jetzt heißt es für die Banken, nicht den Anschluss zu verlieren, denn gerade jüngere Kunden wollen die neuen Möglichkeiten nutzen und sind häufig gewillt, dafür einen Anbieterwechsel durchzuführen. Spätestens mit der Einführung von Google und Apple Pay ist der Kampf um die Kundschaft von morgen entbrannt. Ein Kampf, der langfristig auch das Ende des Bargelds bedeuten könnte.
Autor:
Michael Ziege