Big Data im Einsatz für Engineering auf höchstem Niveau

22.01.2014Auto & Produktion, IT & TelekommunikationBigData, Strategie, Engineering

Big Data im Einsatz bei Mercedes-AMG - Interview

Anlässlich der Handelsblatt Tagung „Strategisches IT-Management“ haben wir bei Mercedes nachgefragt, inwiefern Echtzeitanalysen und Big Data den Produktionsprozess beeinflussen. Dirk Zeller, Leiter IT-Consulting, Mercedes- AMG GmbH, nimmt im Interview mit dem Handelsblatt dazu Stellung:

Big Data im Einsatz für Engineering auf höchstem Niveau | Interview zur Tagung Strategisches IT-Management

Welche Vorteile bietet Big Data / Echtzeitanalyse beim Einsatz in einem Motorenprüffeld? Werden die Motoren dadurch zum Beispiel standfester, wartungsärmer etc?

Die Echtzeitanalyse erlaubt uns Prüffelddaten von Motoren zu vergleichen und selbst kleinste Abweichungen frühzeitig festzustellen. Dadurch können wir besser auf verschiedenste Veränderungen reagieren.  Unsere Motoren werden dadurch noch effizienter und die Qualität wird nochmals besser abgesichert. Die Echtzeitanalyse erlaubt durch höhere Automatisierung und schnelleres Erkennen von Fehlersituationen eine höhere Effizienz im Prüffeld selbst, z.B. kann ein Prüflauf direkt gestoppt werden, wenn Parameter im Vergleich bisheriger Prüfläufe über Grenzwerte hinausgehen.

Kann die Datenanalyse  auch dabei helfen, Motoren noch leistungsfähiger oder noch effizienter zu machen? (saloppes Schlagwort: Chiptuning 2.0)

Engineering auf höchstem Niveau ist die Summe vieler kleiner Verbesserungen. Je mehr Datenmaterial zur Analyse vorliegt, desto mehr Ansatzpunkte bieten sich uns, unsere Motoren noch besser zu machen. Bei uns geht es um Ingenieursleistungen auf höchstem technischen Niveau in der Entwicklung und Qualitätssicherung von High Performance Motoren. Chiptuning ist nicht unser Ansatz.

Fallen bei einem Motortest so viele Daten an, dass dafür Hochleistungs-IT-Systeme notwendig sind? Was für Daten sind das zum Beispiel, die da sensorisch erfasst werden?

Ein Motor hat in unserem Szenario rund 200 Sensoren, die verschiedenste Parameter wie z.B. Temperaturen, Drücke, Leistung etc. mit einer Frequenz bis zu 50 Hz senden. Es kommen also pro Prüfstand tausende Datenelemente pro Sekunde an, die in Echtzeit mit bereits bestehenden Prüfdaten vergleichbarer Motoren in Relation gesetzt und analysiert werden. Dabei kann auch im Sinne vorausschauender Analyse das Motorverhalten anhand von Mustern ermittelt werden. Ein sich anbahnendes Problem kann durch die Unterbrechung des Prüflaufes verhindert werden. Um all das zu erreichen sind Hochleistungs-IT Systeme erforderlich.

Ist der Einsatz von Echtzeitanalyse auch jenseits des Prüffelds denkbar, also im späteren Alltagseinsatz der Fahrzeuge?

Datenanalyse in Echtzeit im Alltagseinsatz würde voraussetzen, dass die Fahrzeuge ständig mit hoher Datenbandbreite mit unseren Analysesystemen verbunden sind. Davon sind wir noch ein wenig entfernt. Auch sind rechtliche- und Datenschutzthemen zu berücksichtigen und zu prüfen. Dass Fahrzeuge Informationen über den Fahrzustand zeitnah zur Verarbeitung übermitteln, ist heute schon bei unseren Erprobungsfahrzeugen Realität.

Ist es vorstellbar, dass die Motorentest eines Tages stark reduziert werden können, weil mit  Hilfe der Datenanalyse solche Tests durch Simulationen ersetzt werden können?

Erkenntnisse durch Datenanalysen können in Simulationsmodelle zurückfließen, um diese qualitativ noch besser und realitätsnaher zu machen. Um die perfekte Qualität eines fertig aufgebauten Motors sicherzustellen hat die physische Erprobung auch zukünftig eine wichtige Rolle. Beide Formen der Qualitätssicherung, virtuell und physisch, ergänzen sich.
 

Autor: Dirk Zeller, Leiter IT-Consulting, Mercedes- AMG  GmbH

Interviewer: Jens Koenen, Redakteur und Büroleiter Frankfurt, Handelsblatt GmbH Wirtschafts- und Finanzzeitung

Kontakt: Sabine Schütze, Conference Director, EUROFORUM Deutschland SE