Beihilfenrecht 2014: Konsequenzen für das neue EEG

30.04.2014RechtBeihilfenrecht, EEG, EEG 2.0, NicoleBuerenLorenz

Deindustrialisierungsgefahr gebannt – in der Rückwirkungsproblematik verrannt?

Rechtsanwalt Christoph Arhold zu der Einigung bzgl. EEAG, den Konsequenzen für das neue EEG und das laufende Prüfverfahren bzgl. des EEG 2012 sowie der Frage der Beihilfenklassifizierung von gesetzlich vorgeschriebenen Umlagesystemen zwischen Privaten.

Deindustrialisierungsgefahr gebannt – in der Rückwirkungsproblematik verrannt? Beihilfenrecht 2014

Welches sind die wichtigsten Kernpunkte der Einigung zwischen Wirtschaftsminister Gabriel und Wettbewerbskommissar Almunia?

Die Frage ist etwas unseriös. Die Kommission als Kollegium, nicht Gabriel und Almunia, musste über die neuen Umwelt- und Energiebeihilfenleitlinien (kurz „UEBL“ oder nach der englischen Fassung „EEAG“) entscheiden. Die EEAG sind allerdings vorgreiflich für die Genehmigungsfähigkeit und damit die inhaltliche Ausgestaltung des neuen EEG, so dass Gabriel erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Leitlinien genommen hat. Man konnte in der Tat den Eindruck gewinnen, die Leitlinien würden bilateral zwischen Gabriel und Almunia verhandelt; vielleicht auch ein Grund, warum die EEAG am Ende nicht einstimmig vom Kollegium angenommen wurden.

Inhaltlich ist die Kommission ganz weit auf die Bundesregierung zugekommen, insbesondere was mögliche Ausnahmen für die energieintensive Industrie von Umlagen zur Finanzierung der Förderung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen angeht. Von dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission - Ausnahmen nur für Unternehmen aus Sektoren mit erheblicher Drittlandshandels- und Stromintensität sowie Mindestbeiträge in Höhe von 20% der normalen Umlagehöhe - ist nicht viel übrig geblieben. Die in den neuen Leitlinien letztlich verankerten Kriterien werden die Industrie weit weniger belasten als befürchtet. Die Gefahr einer schnellen Desindustrialisierung dürfte damit vorerst gebannt sein.

Ist damit auch das Prüfverfahren SA.33995 bezüglich des EEG 2012 entschieden und Rückforderungen vom Tisch?

Nein. Das neue EEG wird von der Bundesregierung wohl separat notifiziert mit dem Ziel, hier eine Genehmigung unter den EEAG bis zur Sommerpause zu erreichen, so dass das neue EEG wie geplant zum 1. August in Kraft treten und als Rechtsgrundlage für die Ausnahmen der energieintensiven Unternehmen dienen kann.

Ob das Verfahren betreffend das EEG 2012 auch so schnell abgeschlossen werden kann, ist dagegen weitaus unsicherer. Die neuen EEAG sind entgegen der allgemeinen beihilfenrechtlichen Regel auch rückwirkend auf in der Vergangenheit rechtswidrig, das heißt ohne vorherige Kommissionsgenehmigung  eingeführte Ausnahmeregelungen von solchen Umlagefinanzierungen anwendbar. Nach den EEAG will die Kommission solche Ausnahmen, die vor dem 1. Januar 2011 gewährt worden, als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären. Für alle nach diesem Zeitpunkt gewährten Ausnahmen sollen die Mitgliedstaaten allerdings einen rückwirkend greifenden Anpassungsplan notifizieren, unter welchem die Ausnahmeregelungen schrittweise an die neuen Kriterien angepasst werden. Die aktuelle Fassung der EEAG beim Wort genommen, würde das bedeuten, dass das EEG 2012 (und wohl auch das EEG 2010) rückwirkend angepasst und im Einzelfall Rückforderungen von den nationalen Behörden durchzuführen wären, damit das EEG 2012 als mit dem Binnenmarkt vereinbar genehmigt werden könnte. Dies ist ein ganz neuer Ansatz, dessen Vereinbarkeit mit nationalen (Rückwirkungsverbot) und beihilfenrechtlichen (Durchführungssperre) Grundsätzen durchaus fraglich ist.

Ist damit geklärt, dass Umlagesysteme wie das EEG unter den Beihilfentatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV fallen?

Nein. Deutschland hat den Eröffnungsbeschluss in der Sache SA.33995 mit der Begründung angefochten, dass es sich dabei nicht um eine Beihilfe handelt, da der Wälzungsmechanismus des EEG nicht mit dem Transfer staatlicher Mittel zusammenhängt. Nach allem, was man hört, wird es diese Klage nicht zurücknehmen und auch das neue EEG unter Aufrechterhaltung dieser Rechtsauffassung nur aus praktischen Gründen notifizieren. Insoweit wird eine Klärung dieser fundamentalen Frage durch die Unionsgerichte angestrebt. Die Sache ist auch von ganz erheblicher praktischer Bedeutung. Denn fallen solche Regelungen erst einmal unter den Beihilfentatbestand, ist es der Kommission leicht möglich, die weitgehenden Ausnahmetatbestände in den neuen EEAG bei deren Reform erheblich strikter zu fassen. Wir wissen, dass auch eine größere Anzahl von Unternehmen den Klageweg beschreitet.

Autor: Rechtsanwalt Christoph Arhold, Kanzlei White & Case LLP, Berlin / Brüssel

Kontakt: RA Nicole Büren-Lorenz, Senior-Konferenz-Managerin EUROFORUM | XING

Informieren Sie sich über die Veranstaltung im Internet: Beihilfenrecht 2014