Das Thema Vertragsverhandlungen zwischen OEMs und Automobil-Zulieferern ist nach wie vor ein Dauerbrenner. Die Zulieferunternehmen spüren ein deutliches Machtgefälle in der Lieferkette zu Gunsten der OEMs. Bieten „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ - AGBs oder auch Lieferbedingungen genannt – eine Chance für Zulieferer zur Risikobegrenzung?
Theoretisch ja, praktisch nein. Die meisten, wenn nicht alle OEM weisen bereits in den Vertragsverhandlungen und in den anschließenden Rahmenverträgen, Nominierungen oder Abrufe darauf hin, dass AGB der Zulieferer von vornherein abgelehnt werden - auch wenn den Zulieferer-AGB nicht jedes Mal ausdrücklich widersprochen wird („Abwehrklauseln“). Typischerweise enthalten die OEM-AGB eine Ausnahme, nämlich wenn die Zulieferer-AGB durch den OEM ausdrücklich schriftlich bestätigt werden – was in der Praxis allerdings nur sehr selektiv bei einzelnen Klauseln und mit guten Argumenten aufgrund der konkreten Situation gelingt.
Wie stehen die Chancen der Zulieferer bei der Durchsetzbarkeit der VDA-Konditionenempfehlung?
Auch die Durchsetzung der VDA-Einkaufsbedingungen scheitert in der Praxis an den oben beschriebenen Abwehrklauseln der OEM. Da sie ohnehin nur unverbindliche Empfehlungen enthalten, wurden sie von den OEM nach meiner Kenntnis selbst am Anfang nicht in Reinkultur umgesetzt. In den nahezu 12 Jahren seit der Veröffentlichung gab es keine Anpassungen oder Aktualisierungen an Gesetzes- oder Rechtsprechungsänderungen, was die Relevanz der Empfehlungen naturgemäß noch weiter verwässert hat.
Welche OEM-Vertragssysteme sind denn die wichtigsten?
Die typischen Vertragssysteme folgen den Prozessen in der globalen Automobilindustrie – und weniger dem Aufbau des BGB oder HGB. Im Gesetz wird man deshalb vergeblich nach einem Rahmenvertrag oder einer Lieferantennominierung suchen. Die wichtigsten Vertragssysteme dürfen sein: Geheimhaltungsvereinbarung, Entwicklungsvertrag, Serienliefervertrag, Rahmenvertrag, Nominierung und Abrufe – begleitet von AGB und sonstigen Sondervereinbarungen, wie z.B. „Special Terms“ oder „Warranty Agreements“.
Welche Tipps und Tricks muss man als Zulieferer im Umgang mit umfangreichen Bedingungswerken beachten – Stichwort „Verhandlungstaktik“?
Die Frage kann man gar nicht allgemein beantworten, da es viel zu viele Verhandlungssituationen gibt - es kommt auf den Einzelfall an.
Was wäre aus Ihrer Sicht wichtig im Umgang mit Geheimhaltungsvereinbarungen?
Das Wichtigste dürfte sein, die Geheimhaltungsvereinbarungen anhand der konkreten Situation des Zulieferers und des konkreten Projekts tatsächlich kritisch zu prüfen – insbesondere wenn es sich um einen englischen Text handeln sollte. In Einzelfällen sind Geheimhaltungsvereinbarungen im Umlauf, in denen das Gegenteil von dem vereinbart wird, was die Überschrift suggeriert. Die Prüfung der einzelnen Klauseln ist dabei die einfachere Übung – schwieriger ist es festzustellen, welche für den Zulieferer sinnvollen Klauseln in der Geheimhaltungsvereinbarung fehlen und damit nicht vereinbart sind.
Autor: Thomas Busching, Rechtsanwalt und Steuerberater, Squire Sanders (US) LLP
Kontakt: Elke Schneider, Senior-Konferenz-Managerin EUROFORUM | XING
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