Experten über das Privatkundengeschäft der Zukunft

Im Vorfeld der Handelsblatt Jahrestagung Privatkundengeschäft am 25. und 26. März 2015 in Mainz haben wir drei Experten befragt - André M. Bajorat, Co-Founder und Geschäftsführer bei Figo, Franz Welter, Bereichsdirektor Strategie und Unternehmensentwicklung / Prokurist der Volksbank Bühl und Dr. Helge Lach, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Vermögensberatung. Lesen Sie hier ihre Antworten zur Zukunft des Bankings:

5 Fragen an Vordenker zur Zukunft des Bankings - Handelsblatt Jahrestagung Privatkundengeschäft

Was war Ihr spannendstes Projekt in den letzten Monaten?

André M. Bajorat: Der Pivot von figo als b2c Produkt zu einem b2b Produkt und der damit verbundene Umbau der kompletten Firma inkl. Gesellschafterstruktur.

Franz Welter: Da gab es einige. Wir haben unseren ersten Hackathon durchgeführt. Das Ergebnis ist unser jüngstes Innovationsprojekt "Aus Liebe zur Region". Ansonsten gehören unsere Crowdfunding Plattform "Viele-Schaffen-mehr.de" als auch unsere interne Social Business Plattform "Volksbank Bühl Connect" zu den spannensten Projekten.

Dr. Helge Lach: Aufbau und Eröffnung unserer unternehmenseigenen Fachhochschule in Marburg, über die wir zukünftig unseren vertrieblichen Managamentnachwuchs exklusiv und mit klarer fachlicher Ausrichtung auf zukünftige Aufgaben vorbereiten.

Was sind aktuell die größten Herausforderungen im Banking?

André M. Bajorat: Die komplette Digitalisierung des Bankings und die damit einhergehende Dynamik um das Kundenfrontend auf der einen und die Aufbereitung der Daten auf der anderen Seite.

Franz Welter: Im Schatten der Niedrigzinsphase und steigender regulatorischer Anforderungen, wandeln sich Kundenbedürfnisse und neue Wettbewerber drängen in den Markt. Banken müssen sich heute sowohl um Kostensenkungsmaßnahmen bemühen aber auch ihre Zukunftsfähigkeit im Blick behalten und in Innovationen investieren.

Dr. Helge Lach: Den durch das anhaltende Niedrigzinsumfeld immer breiter werdenden Spagat zwischen attraktiven Konditionen für die Kunden und den Ertragszielen der Bank bewältigen,die Herausforderungen des bargeldlosen Bezahlens meistern, noch konsequenterer und schnellerer Abbau von Leerkosten und neue Wege in der Kundengewinnung und Kundenbindung. 

Was müssen Banken Ihrer Meinung nach tun, um auch in Zukunft im Privatkundengeschäft erfolgreich zu sein?

André M. Bajorat: Lernen auszuprobieren und sich der Herausforderung aktiv stellen. Diese im besten Fall in Kooperation und nicht in der Denke alles selber am besten und schönsten machen zu können.

Franz Welter: Filialbanken stehen vor der Herausforderung Kosten zu senken und dennoch auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Dem veränderten Kundenverhalten muss Rechnung getragen werden. Transaktionen werden zukünftig vollständig digital abgewickelt. Und immer mehr Beratungsthemen wandern ins Netz. In einer Übergangsphase über Technologien wie "Videoberatung", aber in weiterer Zukunft vollständig automatisiert und auf Algorithmen basierend. Banken müssen sich in diesem Zusammenhang zu Technologieunternehmen entwickeln. Diesen Übergang zu meistern wird nicht nur in technischer Hinsicht sondern vor allem auch eine kulturelle Mamutaufgabe.

Dr. Helge Lach: Serviceangebot und Servicelevel und mit den Kundenbedürfnissen in Einklang bringen und individualisieren, damit Kunden sich nicht mehr nur als „Margenlieferant“, „Deckungsbeitrag“, „Bittsteller“ oder „Anonymus“ fühlen.

Wie wird Ihrer Meinung nach das Banking im Jahr 2020 aussehen?

André M. Bajorat: Hoffentlich smarter als heute und wirklich weiterentwickelt. Das was ich heute in einer mobilen App sehen kann, konnte ich von den Inhalten größtenteils bereits Mitte der 90er via Btx sehen. Hier wünsche ich mir echte Verbesserung für uns als Nutzer und nicht nur neue „Kanäle“ und die selben langweiligen und dummen Daten.

Franz Welter: Wie gerade schon angedeutet, werden wir meiner Meinung nach in den nächsten 5-10 Jahren Brückentechnologien (Videoberatung, Chats usw.) sehen, die den Übergang zur "Do it yourself Bank" bilden. Außerdem schaffen einzelne Innovationsthemen wie z.B. Mobile Payments den Durchbruch. Die "Do it yourself Bank" bietet weitgehend automatisiert Beratungen über das Internet an. Die Übergangsphase zu so einer Bank wird jedoch noch 10-15 Jahre dauern, da großteile der Bevölkerung weiterhin persönliche Beratung in der Filiale vor Ort in Anspruch nehmen.

Dr. Helge Lach: Die schon heute absehbaren Trends werden sich fortsetzen:

  • Aufgrund des anhaltenden Margendrucks weitere Konzentration und Zusammenschlüsse von Banken in Deutschland, Europa und weltweit
  • Weitere Zunahme des Online-Bankings in allen Bereichen
  • Weiterer Abbau des Filialnetzes
  • Unterversorgung von breiten vor allem ländlichen Bevölkerungskreisen mit Bankdienstleistungen wie Anlageberatung
     

Welchen Impuls wollen Sie den Teilnehmern auf der Handelsblatt Jahrestagung mitgeben?

André M. Bajorat: Seit offen, probiert und vergesst die alte Freund-Feindkennung. Auch FinTechs beissen nicht und haben die Interessen der Nutzer im Kopf. Nutzt diese Denke für euch.

Franz Welter: In meinem Vortrag möchte ich einige Thesen zu den notwendigen Rahmenbedingungen skizzieren, die meiner Meinung nach erforderlich sind, um die digitale Transformation in technischer wie kultureller Hinsicht zu meistern.

Dr. Helge Lach: Die Chancen der Digitaliserung in der persönlichen Kundenberatung aufzeigen

 

Vielen Dank an die Interviewpartner

André M. Bajorat, Co-Founder und Geschäftsführer, Figo | XING

Franz Welter, Bereichsdirektor Strategie und Unternehmensentwicklung / Prokurist, Volksbank Bühl | XING

Dr. Helge Lach, Mitglied des Vorstandes, Deutsche Vermögensberatung

 

Kontakt: Carola Bergmann, Conference Director Banken, EUROFORUM | XING